Klosterinseln in der Bucht von Kotor mBucht von Kotor

 

 

 

  Bucht von Kotor Koordinaten

 

 

Eine Umrundung der reich gegliederten Bucht von Kotor unterhalb der Kalksteinwände des stark verkarsteten Orjen und Lovcen-Gebirges zählt nicht nur zu den landschaftlichen Höhepunkten eines Besuchs der Küste Montenegros. Gerade zur Zeit der Schneeschmelze und nach starken Niederschlägen ist sie auch ein hervorragendes Anschauungsbeispiel für die unterirdischen Wege, die das Wasser im dinarischen Karst nimmt.

Der Orjen erreicht mit dem Zubacki Kabao eine Höhe von fast 1.900 Metern. Er ist mit bis zu neun Metern! Jahresniederschlägen das regenreichste Gebiet Europas und gleichzeitig eine der regenreichsten Regionen der nördlichen Hemisphäre außerhalb der monsunalen Tropen. Aufzeichnungen, die bis ins Jahr 1887 zurückreichen, zeigen, dass es heute zwar weniger Niederschlagstage und längere Trockenperioden gibt als vor dem Klimawandel, andererseits sind Starkregen aber häufiger geworden. So türmt sich der Schnee zu Ende des Winters meterhoch auf, und sein Schmelzwasser versorgt die Bucht von Kotor bis in den Frühsommer mit Wasser.

Die bekannteste der Quellen mit dem Namen Sopot oder Orjenski Vodopad liegt direkt an der Straße östlich des Ortes Risan, wo sie durch ein Hinweisschild kenntlich gemacht ist. Sie schüttet zwar nur periodisch, stürzt nach Starkregen aber mit der enormen Schüttung von rund 150 m³/s über 25 Meter tief ins Meer. Mit dieser Wassermenge zählt sie zu den ergiebigsten Karstquellen der Erde. Wenn sie trocken liegt, sollte man es nicht versäumen, zumindest zu ihrem beeindruckenden Schlund hinabzusehen. Ähnliche Wassermassen führt dann die Quelle der Ljuta im Osten der Bucht. Sie schüttet zwar kontinuierlich, läuft bei der Schneeschmelze mit vergleichbaren Wassermassen wie der Sopot aber zu Höchstform auf.

Da die Bucht als einziger Meeresarm der Adria weit in den hochdinarischen Karst hineinragt, ist sie nicht nur reich an Quellen, die oberirdisch aus den Felsen und Böden an der Küste treten, sondern es gibt auch zahlreiche unterseeische Quellen, deren stärkste man bei hoher Schüttung vom Ufer aus auf der Meeresoberfläche mit bloßem Auge erkennen kann. Zumeist sind sie kreisrund und ihre glatte Oberfläche unterscheidet sie von der gekräuselten des umgebenden Meeres. Zu Zeiten der höchsten Schüttungen sieht man die Wasserfläche über ihnen geradezu "brodeln". Über 30 solcher submarinen Quellen sind - verteilt über praktisch die gesamte Bucht - bisher bekannt. Tatsächlich dürften es aber sehr viel mehr sein, da sich nur die größeren einfach identifizieren lassen.

Zwar führen Gezeiten und Meeresströmungen zu einem Austausch des Wassers in der Bucht. Durch die starken Süßwassereinträge hat es allerdings einen örtlich sehr unterschiedlichen, insgesamt vergleichsweise niedrigen Salzgehalt. Die Meeresbewohner, insbesondere die Pflanzen, müssen sich an solchen Standorten dem sehr wechselhaften Salzgehalt des Wassers anpassen. Dieses besondere Pflanzenwachstum kann man beispielsweise an der flachen Mündung der Ljuta beobachten, wo die typischen Pflanzen von Karstwässern nur langsam in Salzwasserpflanzen übergehen, und Schwäne im Meer schwimmen. 

Schüttet die Quelle stark, so ist der Salzgehalt (Salinität) an der Flussmündung so gering, dass es sich praktisch nicht um Salz-, sondern um Brackwasser handelt. Hat das Mittelmeer einen Salzgehalt von 3,74 %, so sinkt er in der Bucht von Kotor an manchen Stellen oft unter 0,5 %. Auch sind viele der Süßwasserquellen um die Bucht von Kotor wegen einer leichten Versalzung ihres Wassers nicht zum Trinken oder Bewässern geeignet. Das Problem trifft selbst einige Quellen, die deutlich oberhalb des Meeresspiegels austreten. Vermutlich kommen sie in ihren unterirdischen Höhlensystemen mit Meerwasser (oder Salzgestein?) in Kontakt.

In der Stadt Kotor, die 1979 ins Welterbe der UNESCO aufgenommen wurde, findet man mehrere große Quellen. Der sehr schöne Quelltopf der Gurdic-Quelle liegt am Südtor der befestigten Altstadt, zwei weitere, die den kurzen Fluss Skurda (Quelle 1, Quelle 2) bilden, benachbart an den Ruinen des alten Elektrokraftwerkes nördlich der Altstadt. Es sind keine weiteren Informationen zu diesen Quellen zu finden - nach Auskunft älterer Bewohner schütten sie heute aber deutlich weniger ergiebig als in früherer Zeit. 

Selbst Mühlen konnten mit den kurzen Quellbächen an der Küste von Kotor betrieben werden. Ein Beispiel für einen solchen Mühlbach findet sich am nordwestlichen Ufer im Ort Morinj auf dem Gelände des Restaurants mit dem Namen Catovica Mlini, der von mehreren Mühlen zeugt, die hier früher betrieben wurden. In diesem Fall bildet sich der Quellbach durch einige kleinere Quellen und Tümpel, an deren Boden kleine, tanzende Sandvulkane das austretende Wasser sichtbar machen.

Trotz dieses vermeintlichen Überflusses an Wasser herrscht an weiten Küstenabschnitten des Balkans zunehmend Mangel an Trinkwasser - auch in Montenegro. Wo früher bescheidene Brunnen die Versorgung ganzer Städte sicherten, muss für die heutigen "Bettenburgen" und Kreuzfahrtschiffe an den Küsten das Wasser weit aus dem Landesinneren bezogen werden. Der Regen im Karst versickert schnell, die Sommer sind trocken und die hydrogeologischen Zusammenhänge der unterirdischen Wasserführungen unzureichend oder gar nicht bekannt - und wenn sie bekannt sind, werden sie aus wirtschaftlichen Interessen gerne ignoriert, wie am Beispiel der Izvoriste Bolje Sestre am Skutari See gut zu erkennen ist.

Die Bucht kann auf einer etwa 42 Kilometer langen Tour mit dem Fahrrad umrundet werden. Da sie auf Straßen entlangführt, sollte man sie nach Möglichkeit außerhalb der Saison fahren, wenn der Verkehr vergleichsweise gering ist. Die größte Chance, dabei einige der unterseeischen Quellen zu erkennen, bieten die Monate März bis Mai. Die insgesamt etwa 350 Meter Anstieg verteilen sich gleichmäßig, so dass die Umrundung der Bucht wenig anstrengend ist. Die Fähre von Lepetane nach Kamenari verkehrt regelmäßig.

Noch ein Hinweis zum Schluss: nicht nur während der Hauptsaison, aber besonders dann herrscht in der Stadt Kotor Verkehrschaos. Außerhalb der Durchgangsstraße sollte man sie zumal mit Wohnmobil und Anhänger unbedingt vermeiden …