Mühlen

 

 

 

Mühlen sind eine der ältesten technischen Einrichtungen des Menschen: Eine natürliche Energiequelle wie Windkraft, Wasserkraft oder die Kraft von Mensch und Tier (z.B. Tretmühle) wird genutzt, um mit ihr Arbeit zu verrichten.

Diese Arbeit bestand ursprünglich im Mahlen von Getreide, woraus sich auch der Begriff Mühle herleitet. Früh wurde diese Bezeichnung auf verwandte Arbeiten und ihre Anlagen übertragen (Gesteinsmühle, Pulvermühle) und zunehmend verallgemeinert (Sägemühle, Wollmühle, Schöpfmühle, Kaffeemühle, Pfeffermühle usw.).

Getreidemühlen unterlagen auf dem Gebiet des Deutschen Reiches seit dem Mittelalter oftmals dem Mühlenzwang, auch als Mühlenbann bezeichnet. Danach hatte allein der Grundherr das Recht zum Betreiben einer Mühle. Die ansässigen Bauern waren gleichzeitig verpflichtet, ihr Getreide dort malen zu lassen. Anfang des 19. Jahrhundert wurde dieser Mühlenbann mit der Einführung der Gewerbefreiheit abgeschafft  - in Preußen durch die Stein-Hardenbergschen Reformen.

Anders als Tretmühlen befanden sich Wasser- und Windmühlen in der Regel an entsprechend exponierten Plätzen außerhalb der Dörfer. Bei den Windmüllern richtete sich die Arbeitszeit zudem nach der vorherrschenden Windstärke. So arbeiteten sie wenn nötig auch nachts und am Sonntag. Beides war den Dorfbewohnern suspekt, was unter anderem dazu führte, dass sich die Windmüller erst sehr spät in einer eigenen Zunft zusammenschließen konnten.

Das 1957 in der Bundesrepublik verabschiedete Mühlengesetz  (exakt: Gesetz über die Errichtung, Verlegung, Erweiterung und Finanzierung der Stillegung von Mühlen) machte die Errichtung neuer und die Erweiterung bestehender Mühlen genehmigungspflichtig. Außerdem wurden Entschädigungen für das Stilllegen von Mühlen gezahlt. In der Folge reduzierte sich ihre Anzahl in Deutschland auf wenige 100 Mühlen. Einige sind heute noch in Betrieb. Oftmals stehen Mühlen unter Denkmalschutz.

Mit allem, was Mühlen betrifft, befasst sich die Molinologie, zu Deutsch Mühlenkunde:

 

Molinology is the study of mills and other mechanical devices which use the energy of moving water or wind, or the strength of animal or human muscle to power machines for purposes such as hammering, grinding, pumping, sawing, pressing or fulling. More particularly, molinology aims to retain the knowledge of those traditional engines which have been rendered obsolete by modern technical and economic trends.

( Quelle: https://www.molinology.org/index.php/about-tims/molinology )

 

Wassermühlen

Bei Wassermühlen übernimmt ein Wasserrad den Antrieb.

Erste Wasserräder wurden etwa um 300 v. Chr. in Griechenland entwickelt. Als Schöpfräder dienten sie der  landwirtschaftlichen Bewässerung. Sie waren neben ihrem Ursprungsland auch im Römischen Reich und später in China und Indien verbreitet.

Die Römer setzen Wasserräder bereits vor Beginn unserer Zeitrechnung zum Antrieb von Mahlmühlen ein. Der römische Baumeister Vitruv beschreibt ihr zugrunde liegendes Prinzip ausführlich in seinem Werk De architectura.

Älteste Spuren von Wassermühlen in Deutschland gehen auf die Zeit um Christi Geburt zurück, wie Ausgrabungen am Fluss Inde nahe der heutigen Grenze von Nordrhein-Westfalen und Belgien belegen. Seit dem Mittelalter waren sie in Mitteleuropa verbreitet. Nach und nach wurden Wasserräder für andere Zwecke benutzt, der Namensbestandteil –mühle aber häufig beibehalten (Sägemühle, Schleifmühle, Papiermühle usw.). Über Transmissionsriemen konnten schließlich verschiedene Maschinen von einem Wasserrad angetrieben werden.

Das Aufkommen von Wasserturbinen und Elektrizität läutete um 1900 das Ende des Wassermühlen in den industrialisierten Ländern ein: Die Turbinen konnten größere Wassermengen und höhere Gefälle nutzen als die Wasserräder. Der elektrische Strom erlaubte, die angetriebenen Anlagen von der Energiequelle räumlich zu trennen.

Für Schwellen- und Entwicklungsländer bleiben Mühlen mit ihren eigenen und damit dezentralen Antrieben aus mehreren Gründen weiterhin von Vorteil:

1. Sie benötigen kein umfassendes Energieversorgungsnetz.

2. Bei ihrer Errichtung und ihrem Betrieb halten sich die Eingriffe in die Natur in überschaubaren Grenzen.

3. Ihre Energiequellen regenerieren sich.

Besonders die beiden zuletzt genannten Gründe sind auch bei uns für eine Renaissance von Wasserrädern im Bereich der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung verantwortlich.

Das Recht, Wasser als Antriebsmittel zu nutzen, ist seit dem Mittelalter ein Hoheitsrecht und obliegt somit dem jeweiligen Landesherren, der es ausgestalten und verleihen kann. Es wurde lange Zeit als Wasserregal bezeichnet (vom Lateinischen rex, übersetzt König). Heute spricht man vom Wasserrecht. Im Namen Oberharzer Wasserregal, der für ein über Jahrhunderte entwickeltes Netz von Teichen, Gräben und Wasserläufen (= in Tunneln verlaufende Gräben) zur Versorgung der Bergbauregion im Harz steht, dass auch heute noch existiert, taucht dieser alte Begriff noch auf. Dort war es im Übrigen so, dass der Bergbau eine höhere Priorität für die Wassernutzung hatte als Wassermühlen.

Wassermühlen liegen in der Regel an Bach- oder Flussläufen. Um eine ausgeglichene Versorgung mit Kraftwasser zu gewährleisten, wird ihr Wasser oftmals in einem Mühlenteich künstlich angestaut. Vom Mühlenteich führt ein Kanal, der Mühlbach, zum Wasserrad der Mühle und anschließend wieder in den Bach bzw. Fluss. Der Kanal ermöglicht das Regulieren des durchfließenden Wassers.

Das Mühlrad ist in der Regel vertikal auf seiner horizontalen Achse gelagert. Je nach dem Ort der Beaufschlagung, d.h. dem Angriffspunkt des durchströmenden Wassers, unterscheidet man ober-, mittel-, rück-, unter- und tiefschlächtige Wasserräder.

Beim oberschlächtigen Rad wird das Wasser vom Kanal über das sogenannte Gerinne, einer Rinne oder ein Rohr aus Holz oder Metall, zum oberen Scheitelpunkt des Rades geführt und fällt von dort in seitlich und unten geschlossene Auffangbereiche des Wasserrades, den Zellen.

Mittelschlächtige Räder werden etwa auf Höhe der Achse beaufschlagt. Sie können als Schaufel- oder Zellenrad ausgeführt sein. Da sie in entgegengesetzter Richtung wie die oberschlächtigen Räder drehen, werden sie auch als rückschlächtig bezeichnet.

Bei unterschlächtigen Rädern fließt das Wasser unten am Rad entlang. Ein Gerinne, hier Kropf genannt, verhindert, dass das Wasser an den Schaufeln des Rades vorbei fließt. Die Schaufeln bestehen aus Holzbrettern oder speziell gebogenen Blechen.

Ein tiefschlächtiges Wasserrad wird in ein Fliessgewässer eingetaucht und lediglich durch dessen Fliessgeschwindigkeit angetrieben. Es erfolgt weder eine vorherige Anstauung noch eine künstliche Gefälleerhöhung. Ein solches Rad findet sich beispielsweise bei einer auf einem Schwimmponton errichteten Mühle, einer sogenannten Schiffsmühle.

Ein horizontales Wasserrad mit vertikaler Achse findet sich bei Horizontalrad-Wassermühlen, auch Horizontal-, Stock- oder Flodermühlen genannt. Sie finden sich wegen ihrer einfachen Bauweise und ihrem geringen Wasserbedarf vor allem in wasserarmen und gebirgigen Gebieten des Mittelmeerraumes aber auch in nördlicheren Regionen.

Wasserräder wurden auch häufig im Bergbau zum vertikalen Transport von Mensch und Material eingesetzt, beispielsweise als Fahrkunst zum Ein- und Ausfahren der Bergleute oder als Wasserkunst zum Entwässern der Grube. Im Bereich des Oberharzer Wasserregals waren Mitte des 19. Jahrhunderts an die 200 Wasserräder mit einem Durchmesser von etwa 1,5 bis 12 Metern zu unterschiedlichen Zwecken in Betrieb.

Eine Besonderheit bilden die Höhlenmühlen von Le Locle im Schweizer Kanton Neuenburg als einzige unterirdische Mühlen Europas. An einem Wasserfall im 16. Jahrhundert errichtete Wasserräder trieben Getreide-, Dresch- und Sägemühlen an.

Erläuterungen zu weiteren Sonderformen von Wasserrädern finden sich unter https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserrad .

 

Windmühlen

Bei Windmühlen liefert der Wind die antreibende kinetische Energie. Windmühlen dominieren in trockenen, windreichen Gebieten von Griechenland, Portugal und Ländern des Mittleren Ostens sowie im nordeuropäischen Flachland – also überall dort, wo Wassermühlen nicht oder nur bedingt eingesetzt werden können.

Während Wasser sich gut zum Wasserrad hin leiten lässt, ist dies beim Wind nicht der Fall. Anders als bei der Wassermühle muss hier das antreibende Rad zum Wind hin ausgerichtet werden, entweder separat oder zusammen mit einem größeren Teil der Mühle. Diese Beweglichkeit geht zu Lasten der Stabilität.

Zudem wirkt das energieerzeugende Medium Wind frontal auf das Windrad - im Gegensatz zur peripheren Wirkungsweise des Wassers beim Wasserrad. Der Flügelform fällt daher eine wichtige Aufgabe bei der Erzeugung der Drehbewegung des Windrades zu.

Für Windmühlen mit horizontalem Windrad gilt das bisher gesagte nur eingeschränkt. Derartige Windmühlen finden sich in Persien und China, aber nicht im europäischen Raum. Bei der persischen Variante ist das halbe Windrad ummauert, um den Gegenwind bei der rückläufigen Halbdrehung zu eliminieren. Bei der chinesischen Version sind die Flügel bzw. ihre Aufhängungen so konstruiert, dass sie sich mit dem Wind in den Wind und gegen den Wind aus dem Wind drehen.

Heutige Nachfahren der Windmühlen sind die modernen Windkraftanlagen.

 

Tretmühlen

Tretmühlen sind von Wind und Wasser unabhängig, bedürfen aber für ihren Antrieb eines Laufrades, das von innen oder außen durch die Muskelkraft bzw. das Körpergewicht von Menschen (Windenknechte) und Tieren in Bewegung gehalten wird.

Die Römer nutzten sie zum Heben schwerer Lasten. Als Kräne waren sie seit dem Mittelalter beim Bau von Burgen und Kathedralen und zum Be- und Entladen von Schiffen im Einsatz. In der Landwirtschaft wurden u.a. Laufräder mit Hunden zum Antrieb von Butterfässern verwendet.

Noch bis zur vorletzten Jahrhundertwende wurden Gefangene zur Zwangsarbeit in Tretmühlen verurteilt, im viktorianischen England u.a. der Schriftsteller Oskar Wilde zu zwei Jahren wegen Kontakts zu männlichen Prostituierten. Seine Erfahrungen aus dieser Zeit hat er in seinem Gedicht The Ballad of Reading Goal verarbeitet.

Im übertragenen Sinn bezeichnet heute der Begriff „Tretmühle“ eine monotone und anstrengende Tätigkeit.

 

 

Literatur und weiterführende Links:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserrad

https://de.wikipedia.org/wiki/Mahlgang

https://de.wikipedia.org/wiki/Mühlenteich

Deutsche Gesellschaft für Mühlenkund und Mühlenerhaltung e.V.: https://www.deutsche-muehlen.de/startseite/#c5

TIMS The International Molinological Society:

https://www.molinology.org